Zukunft der nordischen Produktregister im Kontext von CLP Art. 45

Nordic product registers

Die nordischen Produktregister zählen zu den weltweit umfangreichsten Registern für Chemikalien – sowohl im Hinblick auf die zu übermittelnden Informationen als auch bezüglich der Anzahl registrierter Produkte und Stoffe. Mehr als 2.000 Unternehmen sind jährlich zu Meldungen an die nationalen Behörden verpflichtet. Neuere Gesetzgebungen (z.B. CLP Annex VIII) und der zunehmende Einsatz von IT im Rahmen von Produktmeldungen werfen jedoch die Frage auf, wie sich die nordischen Produktregister in den nächsten Jahren weiterentwickeln werden. Zusammen mit betroffenen Unternehmen haben wir dazu drei besonders relevante Fragestellungen identifiziert:

  • Wie wird sich die Umsetzung von Artikel 45 der CLP-Verordnung (Harmonisierung der Meldungen an die Giftinformationszentren) auf die nordischen Produktregister auswirken?
  • Wird eine verstärkte Zusammenarbeit der nordischen Länder zu einer Vereinheitlichung von Formaten und Web Portalen führen?
  • Kann die Meldung von Produkten durch die Nutzung der neu eingeführten Portale vereinfacht werden?

Dieser Artikel stellt die Ergebnisse unserer Recherche zu den nordischen Produktregistern dar und beantwortet die aufgeworfenen Fragestellungen.

Grundlegende Informationen zu den nordischen Produktregistern

Bei den nordischen Produktregistern handelt es sich um zentrale, nationale Register, welche Informationen zu chemischen Stoffen und Produkten bereitstellen. Folgende Liste gibt einen Überblick der relevanten Länder sowie der jeweiligen Behörde, welche für das Produktregister verantwortlich ist:

Land Name des Registers Zuständige Behörde
Schweden Products Register Swedish Chemical Agency (KEMI)
Norwegen The Product Register Norwegian Environment Agency
Dänemark Product Registry Danish Working Environment Agency (WEA)
Finnland Chemical Product Register Safety and Chemicals Agency (Tukes)

Die Informationen aus den nationalen Registern werden zu unterschiedlichen Zwecken verwendet:

  1. Weitergabe der Informationen an die nationalen Giftinformationszentren
  2. Als Grundlage für verschiedene Datenanalysen – insbesondere hinsichtlich zukünftiger Gesetzgebung
  3. Aggregation der nationalen Daten der vier Ländern in der öffentlich verfügbaren Datenbank „Substances and Products in Nordic Countries (SPIN)“

Obwohl eine Reihe an Gemeinsamkeiten zwischen den nordischen Produktregistern besteht, ist es wichtig hervorzuheben, dass es sich hierbei um vier unabhängige, nationale Produktregister handelt. Zwischen diesen Registern bestehen zudem signifikante Unterschiede – z.B. im Hinblick auf die zu meldenden Chemikalien sowie den Umfang und Ablauf der Meldungen.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den einzelnen Registern

Folgende Tabelle vergleicht die Produktregister der vier nordischen Länder und stellt dabei die wesentlichen Informationen bezüglich der betroffenen Unternehmen, meldepflichtigen Chemikalien sowie die Modalitäten der Meldung gegenüber.

Kategorie Schweden Norwegen Dänemark Finnland
Wer ist zur Meldung verpflichtet?
  • Professioneller Hersteller oder Einführer

 

  • Hersteller oder Einführer
  • Mindestmenge von 100kg pro Chemikalie pro Jahr

 

  • Hersteller oder Einführer
  • Mindestmenge von 100kg pro Chemikalie pro Jahr
  • Nur für kommerzielle Zwecke

 

  • Hersteller oder Einführer

 

Welche Produkte müssen deklariert werden?
  • Stoffe und Materialien basierend auf Zolltarifsystem

 

  • Stoffe und Materialien, welche in der CLP-Verordnung Art. 3 klassifiziert werden

 

  • Stoffe und Materialien, welche in der CLP-Verordnung Art. 3 klassifiziert werden
  • Weitere Stoffe und Materialien mit einem Grenzwert für berufsbedingte Exposition
  • Weitere Stoffe und Materialien, welche unter die Anforderungen von Sicherheits-datenblättern nach der REACH-Verordnung fallen

 

  • Stoffe und Materialien, welche in der REACH-Verordnung Artikel 31 klassifiziert sind
  • Stoffe und Materialien mit einem europäischen Grenzwert für berufsbedingte Exposition

 

Welche Informationen müssen übermittelt werden?
  • Aktivitätsreport (unabhängig der Menge)
  • Produkt-registrierung (bei Mengen > 100kg pro Jahr)
  • Signifikante Änderungen
  • Jährliches Update der Mengen

 

  • Produkt-registrierung
  • Signifikante Änderungen
  • Jährliches Update der Mengen

 

  • Produkt-registrierung
  • Signifikante Änderungen
  • Update der Mengen alle zwei Jahre

 

  • Produkt-registrierung
  • Signifikante Änderungen
  • Jährliches Update der Mengen

 

Einige dieser Unterschiede scheinen zunächst geringfügig – ziehen aber größere Auswirkungen nach sich. Beispielsweise legt Schweden für die Einstufung gefährlicher Chemikalien nicht etwa die CLP oder REACH-Verordnung, sondern das eigene Zolltarifsystem zu Grunde (eine vollständige Liste befindet sich im Anhang der nationalen Verordnung; nur auf Schwedisch verfügbar). Dies beinhaltet im Vergleich deutlich mehr Chemikalien, weshalb das schwedische Produktregister mit Abstand die meisten Produktmeldungen umfasst (> 90.000 Meldungen im Jahr; zum Vergleich: ~18.000 in Norwegen und ~36.000 bis ~38.000 in Finnland und Dänemark).

Im weiteren Verlauf dieses Artikels wenden wir uns nun neueren Entwicklungen in der Gesetzgebung sowie dem Einsatz von Technologie zu und analysieren deren Bedeutung im Hinblick auf die Zukunft der nordischen Produktregister.

Auswirkungen von CLP Artikel 45

Der Artikel 45 der CLP-Verordnung bildet die gesetzliche Grundlage für die Meldung von Informationen zu gefährlichen Gemischen an die nationalen Giftinformationszentren. In diesem Jahr wurde die CLP-Verordnung um den Annex VIII erweitert, in welchem die Harmonisierung der erforderlichen Informationen spezifiziert wird. Zu diesem Zweck entwickelt die ECHA derzeit ein harmonisiertes XML-Format für Produktmeldungen. Dieses Format muss spätestens ab 2020 von den einzelnen Nationalstaaten unterstützt werden.

Darüber hinaus hat die ECHA eine Studie zur Evaluierung eines EU-weit einheitlichen Portals durchgeführt, welche die Umsetzung eines solchen Portals empfiehlt. Der Start des Portals ist derzeit für Anfang 2019 vorgesehen. Gemäß der ECHA soll das Portal als zentraler Einstiegspunkt für Produktmeldungen dienen und diese an die jeweiligen nationalen Behörden weiterleiten. Allerdings ist das zentrale EU-Portal kein Bestandteil der Gesetzgebung und es obliegt daher den einzelnen Mitgliedsstaaten, ob sie Produktmeldungen eines zukünftigen EU-Portals unterstützen.

Im Zusammenhang mit CLP Artikel 45 stellt sich daher die Frage, inwiefern die nordischen Produktregister auch zukünftig weiterexistieren werden. Zu diesem Zweck haben wir die verantwortlichen Behörden kontaktiert und mit dieser Fragestellung konfrontiert. Die übereinstimmende Antwort aller vier Behörden lautete: Die nordischen Produktregister werden unabhängig von einem zentralen EU-Portal weiterexistieren.

Annex VIII der CLP Verordnung spezifiziert die Informationen, welche für Produktmeldungen ab 2020 (bei professionellen und industriellen Anwendungen später) verpflichtend enthalten sein müssen. Diese Informationen stimmen nicht vollständig mit den derzeitig notwendigen Informationen für die nordischen Produktregister überein. Aus diesem Grund könnte das Format für Produktmeldungen in den nordischen Ländern im Zuge der nationalen Umsetzung der CLP-Verordnung angepasst werden.

In diesem Zusammenhang zeigt ein Vergleich der Anforderungen aus der CLP-Verordnung und den nordischen Produktregistern deutliche Unterschiede auf:

  1. Die nationalen Produktregister enthalten umfangreichere Informationen. Dies umfasst auch Stoffe – wohingegen CLP Artikel 45 ausschließlich für Gemische gilt.
  2. Die nordischen Produktregister beinhalten Mengenangaben, welche in regelmäßigen Abständen aktualisiert werden müssen
  3. CLP Artikel 45 zielt auf gesundheitliche Risiken ab – in den nordischen Ländern (z.B. Schweden) werden die Informationen allerdings zusätzlich für die Bewertung von Risiken in Bezug auf die Umwelt verwendet

Diese Unterschiede erklären möglicherweise die geplante, eigenständige Fortführung der nordischen Produktregister.

Vereinheitlichung zwischen den nordischen Ländern

Vor einigen Jahren schlug die Nordic Product Register Group eine schrittweise Vereinheitlichung der nordischen Produktregister vor. Aus dieser Zusammenarbeit entstand zudem ein gemeinsames System zur Produktkategorisierung – die Use Categories Nordic. Trotzdem bestehen weiterhin große Unterschiede zwischen den einzelnen Produktregistern in den nordischen Ländern. Es wurde bereits festgestellt, dass die nordischen Produktregister trotz des geplanten EU-Portals weiterhin bestehen werden. Darüber hinaus stellt sich die Frage, inwiefern eine weitere Vereinheitlichung von Produktregistern zwischen den nordischen Staaten stattfinden könnte?

Wir haben die zuständigen Behörden zu diesem Aspekt ebenfalls befragt. Auch in diesem Fall zeigten die Antworten ein übereinstimmendes Meinungsbild: In absehbarer Zukunft ist keine weitere Harmonisierung zwischen den nordischen Produktregistern geplant.

Neue Möglichkeiten der Produktmeldungen über Web Portale

Innerhalb der letzten Jahre haben alle vier nordischen Ländern in den Aufbau von eigenständigen Web Portalen zur elektronischen Meldung von Chemikalien investiert. In Schweden und Dänemark werden diese Portale bereits produktiv genutzt – währenddessen Finnland einen „vollständigen Einsatz“ des neuen Systems bis 2020 anstrebt. Norwegen hat den Einsatz des Web Portals derzeit auf einheimische Unternehmen beschränkt und will diese Ende 2017 auf ausländische Unternehmen ausweiten. Die untenstehende Abbildung zeigt den Zeitplan der jeweils unterstützten Möglichkeiten zur Produktmeldung in den nordischen Ländern.

Mittels Web Portalen können Unternehmen Produktmeldungen über eine digitale und standardisierte Oberfläche erstellen und an die zuständigen Behörden übermitteln. Alle vier nordischen Staaten unterstützten zudem Massenmeldungen über das Hochladen von Dateien in einem spezifizierten Format (meist in Form von XML-Dateien). Dies ermöglicht Unternehmen mehrere (einzelne) Produktmeldungen zu einem Bündel zusammenzufassen und somit den Aufwand der Meldung zu verringern. Darüber hinaus können Unternehmen Daten aus ihrem bestehendem EHS-System nutzen, um Produktmeldungen automatisch generieren zu lassen und diese schließlich im richtigen Dateiformat an das jeweilige Produktregister versenden. Eine solche Lösung vereinfacht den Aufwand für Produktmeldung erheblich – erfordert jedoch spezielle Software.

opesus EHS Product Notification stellt eine solche Lösung dar, welche bestehende EHS-Daten verwendet, um automatisierte Produktmeldungen zu erzeugen. Die Software kann in ein bestehendes SAP EH&S System integriert und individuell konfiguriert werden. Dies ermöglicht es Compliance auf eine einfache und effiziente Weise zu gewährleisten. Derzeit werden die Formate für Deutschland (an das BfR) und die Schweiz (an das BAG) unterstützt. In 2018 wird zudem das neue EU-Format implementiert. Produktmeldungen an die nordischen Länder werden derzeit nicht unterstützt. Bei Bedarf kann opesus EHS Product Notification jedoch flexibel um weitere Formate erweitert werden. Falls Sie daran Interesse haben, kontaktieren Sie uns gerne.

Zusammenfassung

Die nordischen Produktregister gehören zu den weltweit umfangreichsten Registern für chemische Produkte. Obwohl der Begriff ein einheitliches System suggeriert, handelt es sich bei den nordischen Produktregistern um vier eigenständige Register. Diese weisen zwar einige Gemeinsamkeiten auf, besitzen aber auch signifikante Unterschiede bezüglich meldepflichtiger Chemikalien, Inhalte und Ablauf der Produktmeldung. Unabhängig voneinander investieren die Länder in den Aufbau von Web Portalen als Oberfläche für Produktmeldungen. Diese unterstützen zudem Massenmeldungen mittels spezieller Formate. Alle vier nordischen Produktregister werden laut Auskunft der Behörden unabhängig vom geplanten EU-Portal weiterexistieren. Zudem ist keine weitere Vereinheitlichung zwischen den nordischen Ländern geplant.